Warum die Deutschen eher zur Miete wohnen

Warum die Deutschen eher zur Miete wohnen

Die Wohneigentumsquote in Deutschland ist europaweit die niedrigste. Und sie könnte weiter fallen, zeigt eine neue Studie

Auch wenn in den vergangenen fünf Jahren etwas mehr Menschen in Deutschland in das eigene Heim gezogen sind – der Anteil derjenigen, die Wohneigentum selbst nutzen, liegt weiter bei nur rund 45 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des „Verbändebündnisses Wohnperspektive Eigentum“. 70 Prozent der Europäer wohnen im eigenen Heim, so dass die in der EU mit Abstand den letzten Platz belegen.

Vor allem in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen leisten sich immer weniger Menschen ein Eigenheim. In den kreisfreien Städten bzw. Großstädten zeigt sich aktuell eine Wohneigentumsquote von durchschnittlich nur 27 Prozent.

Das gelte auch für 30- bis 40-Jährige. Bei diesen sei die Wohneigentumsquote um 10 Prozent unter den Wert von 2002 gesunken. Grund für die sinkende Wohneigentumsquote bei den 30 bis unter 40-Jährigen seien steigende Ausbildungszeiten und ein immer häufiger unter unsicheren Bedingungen erfolgender Einstieg in die Erwerbstätigkeit. Erhöhte Zahlen an Erbschaften und Schenkungen hätten dies nicht kompensieren können. Es sei daher zu befürchten, dass die Eigentumsquote langfristig sinke.

Als eine der wichtigsten, historischen Ursachen für die niedrige Wohneigentumsquote gelten die Zerstörungen von Wohnraum in den Städten während des Krieges. Damals wurden in der jungen Bundesrepublik massenhaft Mietwohnungen gebaut, sagt Alexander Schürt vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Ein Übriges tue die dichte Besiedlung.

„In Italien oder Spanien ist der Mietwohnungsmarkt nicht so gut“, sagt zudem Ludwig Dorffmeister, Immobilienexperte des Münchner Ifo-Instituts. „Mietwohnungen haben auch einen schlechteren Ruf, zum Beispiel in Großbritannien.“ Der deutsche Baustandard ist dagegen hoch, auch „die Qualität der Mietwohnungen in Deutschland ist vergleichsweise gut, man muss nicht eigene vier Wände haben, um gut zu wohnen“, sagt Schürt.

Mieter werden besser geschützt

Und dazu kommt: „In Deutschland sind Mieter besser geschützt als in vielen anderen europäischen Staaten“, wie Schürt sagt. Der Kündigungsschutz ist hoch, die Politik eher mieterfreundlich. Jüngstes Beispiel: Die Mietpreisbremse.

Käufer dagegen belastet der Staat mit hohen Nebenkosten. Bayern kassiert 3,5 Prozent Grunderwerbssteuer, Nordrhein-Westfalen sogar 6,5 Prozent. Dazu kommen 1,4 Prozent Notargebühr plus Maklercourtage – das alles verteuert den Kauf schnell um zigtausend Euro. Dies schrecke viele ab, sagt Dorffmeister. Zumal das Geld bei einem Verkauf verloren ist. Die Briten dagegen könnten alle zehn Jahre umziehen, „die verkaufen halt ihr Haus und kaufen ein neues“.

Zugleich fährt die Politik bei der Förderung von Wohneigentum einen Schlingerkurs. Lange unterstützte der Staat gut verdienende Häuslebauer steuerlich. Von 1996 bis 2006 gab es dann Kinder- und Eigenheim-Zulagen bis zu bestimmten Einkommensgrenzen. Heute hilft der Bund noch ein bisschen mit billigen Krediten und Wohn-Riester – aber „im Prinzip ist das ein Feigenblatt“, sagt Dorffmeister. Grunderwerbssteuer erhöht und Eigenheimzulage gestrichen – „wir sind Schlusslicht mit Ansage“, kritisiert Stephan Kippes, Leiter der Marktforschung beim Immobilienverband Deutschland Süd.

Normalverdiener im Abseits

Das Verbändebündnis, das sich für mehr Wohneigentum einsetzt, fordert unter anderem bessere Kreditkonditionen für junge Familien sowie eine bundesweite Absenkung der Grunderwerbsteuer auf einheitlich 3,5 Prozent. Wer erstmals Eigentum erwerbe, solle ganz von der Steuer befreit werden. Die „Speckgürtel“ am Rand von Metropolen müssten besser angebunden werden.

An vielen Normalverdienern geht der jüngste Bauboom vorbei. Denn nicht nur die Mieten, auch die Grundstückspreise in den Ballungsräumen und die Baukosten sind enorm gestiegen. Ein gebrauchtes Einfamilienhaus in München kostet laut Bundesinstitut im Durchschnitt 1,2 Millionen Euro – in einigen anderen Regionen gebe es dafür ein Dutzend Häuser. „Die Frage ist, ob man dort Arbeit findet und wohnen will“, sagt Dorffmeister.

Er sieht zwei gegenläufige Tendenzen: Niedrigzins, Inflationsangst und die Suche nach einer sicheren Geldanlage erhöhen die Eigentumsquote – der Bau neuer Mietwohnungen für Flüchtlinge und Zuwanderer senkt sie. „Insgesamt hebt sich das in etwa auf.“

Quelle: dpa/mho.

Veröffentlicht am 24. Januar 2017
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